Sind Ihnen die vielen chinesischen EM-Sponsoren auf den Banden am Spielfeldrand aufgefallen?
40 Prozent aller Hauptsponsoren kommen aus dem Reich der Mitte. Der Onlineshop AliExpress, der dazu passende Zahlungsanbieter Alipay, das E-Auto-Unternehmen BYD, TV-Hersteller Hisense und Smartphonehersteller Vivo sind allgegenwärtig bei unserer Heim-EM. Zum Vergleich: Nur Adidas, Lidl und Engelbert Strauss schafften es als deutsche Unternehmen in den exklusiven Club der 13 EM-Hauptsponsoren.
Was verspricht sich China vom aggressiven Marketing?
Chinesische Zeichen auf der Bande
Eigentlich wäre es durch die neue digitale Bandenwerbung kein Problem, die Sprache an das Publikum anzupassen. Trotzdem sendet Elektronikkonzern Hisense seine Botschaft „Zhongguo diyi“ (dt. „Die Nummer eins in China“) in chinesischen Schriftzeichen. Die Werbung richtet sich also klar an den Heimatmarkt und nicht an die deutschen Zuschauer.
Gegenüber der „Zeit“ erklärt Matthias Fifka, Professor für Betriebswirtschaftslehre in Erlangen und Experte für strategisches Management: „Wer im europäischen Kontext auftaucht, gilt als schick und vertrauenswürdiger.“
Das Interesse an Fußball nimmt mächtig zu. Zur vergangenen Fußball-EM 2021 schalteten mit 352 Millionen Chinesen 43 Prozent mehr ein als noch 2016. Auch 2016 war Hisense aktiv – damals noch der einzige chinesische Hauptsponsor.
Influencer-Werbung geht nach hinten los
Anders als Hisense spricht der Versandhandel AliExpress gezielt den nicht chinesischen Markt an. Nach China versendet das Unternehmen AliExpress nämlich keine Produkte. Das Gesicht der Kampagne ist Ex-Fußballstar David Beckham (49).
Auch in Influencer-Marketing investiert AliExpress. Das kommt allerdings nicht bei allen gut an. Online fordern Tausende Fans ein Stadionverbot für Influencer, weil diese „echten“ Fans die Plätze wegnehmen würden.
Der sogenannte E-Mobilitätspartner der Europameisterschaft, der Autokonzern BYD, verspricht sich vom Sponsoring ein besseres Image und mehr Markenpräsenz. Grund: In Deutschland wurden im Mai 2024 gerade einmal 201 neue BYDs zugelassen. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum verkaufte BMW mehr als 18 000 seiner Autos. Die möglichen Strafzölle der EU gegen BYD in Höhe von 17,4 Prozent helfen dem Image des chinesischen E-Auto-Herstellers wohl kaum.
Noch ein weiterer chinesischer Konzern findet sich im Fußballstadion: Zum Abpfiff wird der beste Spieler als „Vivo-Player of the Match“ ausgezeichnet. Der chinesische Handyhersteller Vivo passt seine Bandenwerbung übrigens den Fans an. Die Werbung im Stadion ist auf deutsch, in China oder den USA wird sie dann digital übersetzt.
Chinas große Fußballpläne
Wie viel sich die chinesischen Konzerne die Werbung kosten lassen, ist nicht bekannt. China hat allerdings große Pläne im Fußball.
Präsident Xi Jinping soll schon 2011 drei Wünsche geäußert haben: „Dass sich China für die WM qualifiziert, dass China eine WM ausrichtet und China eine WM gewinnt.“ Bis nächstes Jahr sollen 50 000 Fußballschulen in China eröffnet werden.
Bis zum WM-Erfolg wird es wohl noch dauern, Stand jetzt belegt China den 88. Platz der FIFA-Weltrangliste. Aber die Bandenwerbung dominiert China schon heute – daran scheint sich so schnell auch nichts zu ändern.
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